Porträt einer Frau © CBM/Happuc

„Selbstvertrauen macht sie stark!“

Die Situation von Frauen mit Behinderungen kennt Laure Akofa Tay aus der langjährigen Projektarbeit in ihrem Heimatland Togo. Sie leitet dort seit 2007 das CBM-Landesbüro in der Hauptstadt Lomé. Was sie motiviert? Wenn sich Frauen mit Behinderung in der Öffentlichkeit für ihre Rechte stark machen.

Frauen mit Behinderungen sind immer noch doppelter Diskriminierung ausgesetzt: Weil sie Frauen sind und weil sie eine Behinderung haben.

Laure Akofa Tay, CBM-Landesdirektorin für Togo

Wie leben Frauen mit Behinderungen in einem Land wie Togo?

Laure Akofa Tay: Obwohl sich die Situation von Frauen mit Behinderungen zunehmend verbessert, sind sie immer noch doppelter Diskriminierung ausgesetzt: weil sie Frauen sind und weil sie eine Behinderung haben. Von manchen Familien werden sie sogar verstoßen. Das gilt übrigens auch für Mütter von behinderten Kindern. Ihre Männer verlassen sie wegen der Behinderung des Kindes. In einigen Gegenden werden Frauen mit Behinderungen mitleidig betrachtet. Man glaubt, sie seien nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen, und mancherorts herrscht sogar die Vorstellung, dass sie Hexen seien.

Was sind die größten Barrieren?

Laure Akofa Tay: Die meisten dieser Frauen können weder lesen noch schreiben. Deshalb sind ihre Möglichkeiten, eine Arbeit zu finden, sehr gering. Manchmal haben sie auch kaum Zugang zu medizinischer Versorgung, weil sie in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Meistens ist es schwierig für sie, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Denn immer noch wehren sich viele Familien dagegen, dass ihre Söhne Frauen mit Behinderungen heiraten. Auch weigern sich Vermieter immer wieder, ihnen eine Wohnung zu vermieten. Oder es kommt vor, dass Menschen keine Produkte aus ihrem Geschäft kaufen wollen. Die Folge ist, dass viele dieser Frauen kein Vertrauen in ihre Fähigkeiten und folglich ein sehr geringes Selbstwertgefühl haben.

Porträt einer Frau © CBM/Happuc
Laure Akofa Tay, CBM-Landesbüroleiterin in Togo

Können Sie an einem konkreten Projektbeispiel erklären, was die CBM tut, um Frauen mit Behinderungen zu stärken?

Laure Akofa Tay: Wir haben vor einigen Jahren Frauen mit Behinderungen in Lomé in kunsthandwerklichen Tätigkeiten ausgebildet – sie lernten etwa, Taschen herzustellen. Dieses Projekt war sehr erfolgreich und hat vielen der Frauen eine Perspektive verschafft. Inzwischen setzen wir dieses Projekt gemeinsam mit unserem lokalen Partner APROFEHTO auch in ländlichen Regionen um. Etwa 20 Frauen aus Lomé, die sich nach ihrer Ausbildung eine Existenz aufbauen konnten, unterrichten nun ihrerseits Frauen mit und ohne Behinderungen auf dem Land. Dazu leisten sie zunächst einmal vor Ort Überzeugungsarbeit, indem sie den Frauen von ihren eigenen Erfahrungen berichten. Die wichtigste Veränderung, die wir in diesen Gemeinden feststellen, ist die positive Wahrnehmung von Behinderungen durch die Gemeindeleiter und die Familien.

Was treibt Sie selbst an und welche Ziele wollen Sie erreichen?

Laure Akofa Tay: Eine Frau mit Behinderung zu sehen, die in der Öffentlichkeit auftritt, um ihre Mitmenschen zu sensibilisieren und zu ermutigen, ist immer wieder schön – das motiviert mich sehr!  Aber auch zu sehen, wie die meisten dieser Frauen in Lomé an Selbstvertrauen gewinnen, wie sie ihr eigenes Geschäft aufbauen. Oder wie sich die Einstellung ihrer Familien ihnen gegenüber ändert. Einige dieser Frauen sind jetzt sogar in der Lage, das Schulgeld für ihre Verwandten zu zahlen. Bei aller Freude über diese Veränderungen in Lomé bin ich mir bewusst, dass es in anderen Regionen des Landes noch viel zu tun gibt. Deshalb wollen wir weitere Frauen in den Distrikten erreichen, in denen wir bisher nicht tätig sind.