Arzt und Patienten begrüßen sich mit dem Ellbogen © CBM/Simbi

„Ihre Freude motiviert mich immer neu.“

Als der Mann im weißen Kittel den Wartebereich der Kabgayi-Klinik in Ruanda betritt, springt Rebecca Uwimpuhwe auf. Sie kann ihn sehen! Vor ihr steht der Arzt, der erst nur eine Stimme für sie war und der ihr dann das Augenlicht schenkte: Dr. Sylvain el-Khoury.

Arzt und Patientin unterhalten sich miteinander. Beide tragen einen Mundschutz. © CBM/Simbi
„Sie haben mir eine zweite Chance gegeben, das Leben zu sehen“, sagt die 32-jährige Rebecca. Die junge Frau war erblindet und konnte ihre Arbeit als Volksschullehrerin nicht mehr ausüben. Doch Dr. el-Khoury gab ihr das Augenlicht zurück.

Lachend begrüßen sich Arzt und Patientin mit den Ellbogen. Wegen des Coronavirus müssen beide aufpassen. „Aber ich wollte meine Patientin wiedersehen“, sagt Dr. el-Khoury. Rebeccas Schicksal hat ihn nicht losgelassen.

Vier Monate zuvor traf der Augenarzt Rebecca zum ersten Mal. Die 32-Jährige war völlig blind. Aus einer Augenentzündung war ein Netzhautschaden entstanden, dazu kam Grauer Star. Die Volksschullehrerin hatte ihre Arbeit verloren. „Blind konnte ich den Unterricht nicht vorbereiten, nicht lesen, gar nichts mehr machen“, erzählt sie. Keiner der Ärzte, die sie aufsuchte, konnte ihr helfen.

Sie brauchte einen Netzhaut-Spezialisten. Doch davon gibt es in Ruanda nur zwei. Einer davon ist der deutsch-libanesische Arzt Sylvain el-Khoury. Im Auftrag der CBM arbeitet er an der Kabgayi-Klinik.

Doktor el-Khourys Ziel: armen Menschen helfen

Wartezimmer einer Augenklinik mit wartenden Patienten © CBM/Simbi
Dass Dr. el-Khoury blinden Menschen hilft, hat sich herumgesprochen. Trotz Corona-Pandemie ist das Wartezimmer der Augenklinik voll.

Für Menschen wie Rebecca ist Dr. Sylvain el-Khoury Augenarzt geworden. „Als Jugendlicher habe ich bei einer Reise nach Mauretanien gesehen, dass fast alle alten Menschen durch Grauen Star erblindet waren“, erinnert sich der 35-Jährige.

Das macht ihn noch heute betroffen, denn: „Eine Graue-Star-OP ist eine Sache von zehn Minuten!“ Doch in armen Ländern fehlen Ärzte. Deshalb beschloss el-Khoury, nach Ruanda zu gehen – um zu helfen.

Geholfen hat er während seiner Zeit als Leiter der Netzhautabteilung der Klinik Tag für Tag. Nicht nur Rebecca, die dank seiner Hilfe wieder sehen kann. „Das hat sich herumgesprochen. Es kamen immer mehr Menschen“, sagt er.

Obwohl seine Arbeit dem jungen Arzt Freude bereitete, merkte er nach eineinhalb Jahren doch, dass etwas fehlt: Familie und Freunde. „Die Klinik ist sehr abgelegen und ich war einsam“, bekennt er. Schweren Herzens entschied er sich, sein Afrika-Abenteuer zu beenden. Aber so lange es keinen einheimischen Nachfolger gibt, wird er weiter für Kurzeinsätze nach Ruanda fliegen.